Die Stadt Batsch

Stefan Blaskowitz

(Auszüge aus dem Buch über Batsch –Geschichte einer tausendjährigen Stadt
1965,Pannonia-Verlag Freilassing )

Wegen ihrer Bedeutung für ganz Südungarn hatte die Stadt Batsch schon im 14. Jahrhundert ein verbrieftes Stadtrecht. 1351 hieß sie ,,civitas de Bach«, die Stadt von Batsch. Wann aber Batsch dieses Stadtrecht erhielt, wann Batsch zur Stadt erhoben wurde, darüber gibt es keine Urkunde. Wahrscheinlich war es Stadt von Anfang an. Die älteste Urkunde des Batscher Stadtsenats, die erhalten ist, stammt aus dem Jahre 1507. Es handelt sich in ihr um eine Anleihe von 340 Goldgulden, die Batsch von einem Juden aus Buda aufnahm. Die Urkunde zeigt die Festung und das Siegel der ,,civitas Bach".
Als Stadt hatte Batsch natürlich das älteste Marktrecht in der ganzen Batschka, seit 1433. Bis in die Zeit vor dem zweiten Weltkrieg erhielt sich dieses Recht. Viermal im Jahr hatte Batsch seinen Markt: jeweils am Montag, der auf den 10. März, 10. Mai, 8. September und auf den 24. Oktober folgte.
Daß sich nun Batsch trotz seines Alters und seiner Bedeutung, ja trotz seines einstigen großen Stadtgebietes zwischen Festung, dem St.-Antoni-Wald und Towarisch nicht zu einer modernen Großstadt entwickeln konnte wie manche Ortschaften, die weit kleiner und unbedeutender waren, das liegt an seiner sonderbaren Geschichte, die keine andere Ortschaft in der Batschka mitmachte. Als Verteidigungsort war Batsch vor allen anderen Ortschaften und Siedlungen den Zerstörungen am allerehesten und meisten ausgesetzt. Sobald aber diese Aufgabe an der Grenze wegfiel, sobald Batsch als Festung nicht mehr gebraucht wurde, schwand seine Bedeutung und mit dieser seine Größe. Außerdem war Batsch keine Stadt, die sich für sich und im eigenen Interesse entwickelt hätte, es war vielmehr eine Königs- und Bischofsstadt, in der das ganze Vermögen, der ganze Besitz und Betrieb Zielen dienten, die nicht die Ziele der Stadt waren. Wie der Besitz in fremden Händen war, so lag eigentlich Glück und Gedeihen der ganzen Stadt in den Händen von Menschen, die gar nicht in Batsch wohnten und lebten. Als dann noch die Batschka als geschlossenes Komitat gegen Syrmien abgegrenzt wurde, war Batsch zu abgelegen, es mußte den Sitz an das zentraler gelegene Sombor abtreten. Damit war das Schicksal von Batsch als Stadt besiegelt. Daran wird auch die Verfügung der jetzigen jugoslawischen Regierung, Batsch wieder zur Stadt zu erheben, nicht viel ändern können.

Es ist aber doch erstaunlich, wie sich Batsch im Mittelalter als Stadt halten konnte. Der erste Privatbesitz entstand eigentlich erst im 18. Jahrhundert (1723). Natürlich hatte die Batscher Bevölkerung auch schon früher Haus-und Viehbesitz, doch muß sie im Mittelalter entweder mehr Freiheit oder mehr Besitz an beweglichem Gut gehabt haben, denn die Produkte der Landwirtschaft, der Viehzucht und Fischerei spielten damals auf den Batscher Märkten eine entscheidende Rolle. Bekannt war z. B. Batsch in jener Zeit wegen seiner Pferdezucht und seines Pferdemarktes. Batsch versorgte die königlichen Stallungen mit guten Pferden. 1514 erhob sich die Batscher Bevölkerung sowie die Bauern aus der Umgebung gegen den Adel. Die Adeligen zogen sich in die Festung zurück, die von 3000 Bauern und Bürgern umringt und belagert wurde. Wie überall zu dieser Zeit in Europa, warf der Adel mit seinen Söldnerheeren den Aufstand nieder und rächte sich grausam an den armen Bauern. Die Rädelsführer wurden gehängt, viele andere erhielten ein Kreuz auf die Stirn gebrannt.

Die Güter von Batsch reichten einst sehr weit über die nächste Umgebung hinaus. Die Erhaltung der Festung hatte immer große Summen verschlungen, weshalb die ungarischen Könige frühzeitig Batsch, sowohl die Festung als auch das Komitat und das Bistum, mit großen Gütern belehnten. Im 11. Jahrhundert schenkte Bela III. (1173-1196) Batsch Besitztümer, die weit ab von Batsch lagen, weil im Batscher Territorium selbst die neuen Siedler der Bancsas viel Grund besiedelten und auch in Besitz nahmen. Eine Schenkungsurkunde des Königs Andreas II. berichtet, daß er den Johannitern aus Stuhlweißenburg Güter bei Becse vergab. Auch diese gehörten der Batscher Festung. 1237 erhielten die Zisterzienser bei Sóvár ein Gut der Batscher Festung. Je nachdem, wie sich die Adeligen um Batsch zu den Rivalen um den Thron stellten und je nachdem wie es ihnen gelang, sich auf der Seite des Siegers zu halten, bekamen sie von diesem Güter der Batscher Festung zugeteilt. Zum Glück wurden so manche verschenkte Güter durch königliche Verordnung wieder zurückerstattet. Immerhin bleibt es interessant zu verfolgen und zu erfahren, was für Güter und Ortschaften als Batscher Besitztümer verschenkt wurden: Kesszi bei Szilbacs mit acht umliegenden Dörfern, Ond und Petend, Horlai und Ker, Sovar bei Neusatz, Szlatinapuszta.

Nach dem Mongolenzug wurde das ungarische Reich umorganisiert. Es wurden neue Gerichte mit Reichsrichtern eingesetzt, der Sitz des Bodroger Komitats wurde nach Sombor verlegt. Batsch blieb einstweilen ein Festungskomitat und dadurch unabhängig, direkt dem König unterstellt. 1265 wurden viele, die im Dienste des Königs standen, in und mit Batsch zu tun hatten, geadelt, der Festungsgespan rückte zum Obergespan auf, der Hofrichter zum Untergespan, so daß Batsch um die Mitte des 14. Jahrhunderts eine selbständige Verwaltung erhielt. Dieses Komitat umfaßte das Gebiet zwischen Donau, Theiß und Franzenskanal, von Apatin bis Oszivacs (Stan Sivac), Bajsa und Becse. Vor der Türkenzeit gehörten folgende Ortschaften zum Batscher Komitat: Arnat, Derzs (bei Keresztur), Fono (bei Sonta), Futak, Gyála (bei Cséb), Györgyén (Djurdjin), Bajmok, Pacsér, Napfény, Csantavér, Devecsér (Pußta bei Szentamás), Kétfüllü, Kisdivásárhely (bei Titel), Paraszti, Pest (gegenüber Ilok), Peszer, Perlek, Péterréve, Sonta (Batscher Fischerdorf), Telek, Titel, Vásáros-Várad (bei Neusatz), Vaskapu bei Cséb.

Kurz vor der Mohácser Schlacht wurde das Komitat in vier Kreise (Járás) geteilt, deren Sitz aber Batsch blieb - mit eigenem Gericht, mit den Sitzungen und mit der Verwaltung. Der Obergespan wurde direkt vom König ernannt, das Komitat blieb unmittelbar dem König unterstellt, wodurch es eng an das Reich gebunden wurde und der Obergespan Zugang zu den höchsten Reichsämtern erhielt. Joachim Brebiri, ein Batscher Obergespan, war Banus der Slowakei; der Obergespan Stephan aus dem Jahre 1278 wurde Speisemeister am königlichen Hof; der Obergespan Moricz wurde königlicher Schatzmeister; andere Obergespane, die im Reiche einen großen Ein-fluß ausübten, haben wir schon erwähnt.

Seit der Regierungszeit König Matthias´ übernahmen die Erzbischöfe von Batsch und Kalocsa das Amt des Obergespans, um die Verteidigung besser zu gewährleisten. Sie erhielten dafür im Jahre 1444 den Titel ,,örökös vármegye föispánja", d. h. der Erzbischof ist von Amtswegen - ohne eigene Ernennung - Obergespan. Mancher von ihnen hatte ein Herz für Batsch und tat sein Bestes. Allen voran war es der Erzbischof Joseph Batthány, der nicht nur für die Ortschaft etwas tat, sondern auch den ersten Besitz an Wald unserer Stadt überließ und auch für die wirtschaftliche Erholung der Bevölkerung so manches unternahm. Im 19. Jahrhundert wurden allmählich Grundstücke an die Bewohner abgegeben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die Bevölkerung etwa 5000 Katastraljoch in ihren Händen, während der Erzbischof 13.000 Joch besaß. Davon behielt er sich 6190 Joch Wald, das übrige wurde verpachtet. Der größte Pächter war Dungyerszky, dessen Besitz ungefähr folgendes Bild ergab:

                               30 Kat.-Joch Garten

5900 Kat.-Joch Aeker

5000 Kat.-Joch Wald

                                    Übriges Weiden

100 Gespanne Vierer-Ochsen für den Pflug

902 Rinder

150 Pferde (Mischlinge und reinrassige)

2872 Schafe

Nach dem ersten Weltkrieg kam so manches Stück unter die Agrarreform; dem Apostolischen Administrator, der als Nachfolger des Kalocsaer Erzbischofs für die jugoslawische Batschka galt, blieb nur der nach dem Gesetz als Maximum gestattete Besitz und ein großer Teil des Waldes, während das übrige an die Bevölkerung verteilt wurde. Nach dem zweiten Weltkrieg ist der Boden ganz parzelliert und zum Teil an Einwanderer aus Bosnien und Serbien verteilt worden. Allmählich wird aber immer mehr Grundbesitz der staatlichen Kolchosenwirtschaft zugeteilt.

 

Die Bevölkerung

Jahrhunderte zogen an uns vorüber und wir begegneten nur ab und zu deutschen Männern, einem Obergespan Veith Guth, einem Kaiser oder Heerführer in Batsch. In den reindeutschen Ortschaften der Batschka beginnt mit der Geschichte, d.h. mit der Gründung des Ortes, zugleich die Geschichte der Schwaben in dieser Ortschaft. Unser Heimatort ist zu alt, man kann die Geschichte anderer deutscher Ortschaften nicht mit ihm vergleichen. Batsch ist nie eine reindeutsche Ortschaft gewesen, in seiner Vergangenheit aber so bedeutend, daß wir Schwaben auf sie ebenso stolz sein können wie die Ungarn oder Slawen. Batsch war eben eine Ortschaft, eine Stadt, an deren Toren Stämme und Generationen aller europäischen Völker vorbeikamen, von den Kelten und Römern über die Mongolen und Türken bis zu den heutigen Slawen.

Aus dem Altertum und Mittelalter fehlt uns jede Angabe über die Zahl der Bevölkerung in Batsch. Nur die Berichte über Batsch als Stadt legen uns nahe, daß - nach dem Umfang berechnet die Zahl der Bevölkerung einige Zehntausend ausmachte, zumal ja hier zum großen Teil die ganze Bevölkerung der südlichen Batschka lebte, während die übrigen Ortschaften, die in jener Zeit genannt werden, zumeist nur kleine Siedlungen waren. Aus der Türkenzeit erfahren wir die ersten genauen Berichte, aber das ist schon eine Zeit des Unterganges. Obwohl eine türkische Landkarte aus dem 17. Jahrhundert Batsch als Großstadt des Szapolyai, des Verräters aus Siebenbürgen bezeichnet, war nicht mehr viel Leben in der Stadt. Ein Jahrhundert vorher, als die Türken ihre Herrschaft errichteten, gab es folgende Einwohner in Batsch:

1553-54:    3 steuerzahlende, 7 nichtzahlende Familien

1580:       18 steuerzahlende Familien

1590:       15 steuerzahlende Familien

Das ist das Bild der großen Katastrophe der Türkenzeit, aber nicht bloß für Batsch, es gilt für ganz Ungarn. Fast eine halbe Million Menschen wurde in der Batschka vernichtet. Um 1720 zählte die ganze Batschka 30.960 Seelen. Die allerwenigsten wohnten im Batscher Komitat, im ganzen 6498 Seelen, insgesamt 722 steuerzahlende Familien, von denen Batsch im Jahre 1720 allein 29 hatte, und das ist sehr viel im Vergleich zu den anderen Ortschaften der Batschka, es ist nämlich die größte Zahl. Den größten Teil der Bevölkerung in den Zeiten nach der Türkenbefreiung stellen die Serben, etwa 693 steuerzahlende Familien. Deutsche gab es zu dieser Zeit in der Batschka elf steuerzahlende Familien, die meisten von ihnen in Baja.

50 bis 60 Jahre später, nach der Befreiung, zählte die Batschka schon etwa 200.000 Einwohner, unter denen sich auch schon die ersten eingewanderten Schwaben befanden, die 1763 und 1786 die Kaiserin Maria Theresia und der Kaiser Joseph II. ins Land schickten. Ob von diesen ersten Schwaben welche in Batsch siedelten, ist nicht bekannt. Selbst die schwäbischen Siedler, die auf der Donau aus Deutschland kamen und in Novoselo an Land gingen, wanderten über Batsch hinaus und wurden zumeist in ganz neuen Siedlungen ansässig. Obwohl die Batschka bis 1741 unmittelbar dem kaiserlichen Hof in Wien unterstand, war doch Batsch selbst so sehr Gut und Besitz der ungarischen Könige und der Erzbischöfe von Batsch-Kalocsa, daß es zunächst als Siedlungsgebiet nicht in Frage kam, zumal es ohnehin schon Serben und Schokazen aufnehmen mußte.

Schwäbische Tracht einer Batscher Familie um 1890

 

 Unsere schwäbischen Ahnen wanderten fast alle erst im 19. und 20. 
Jahrhundert aus anderen schwäbischen Siedlungen zu. Batsch war nie eine schwäbische Siedlung, obwohl wir Deutschen bei der Volkszählung im Jahre 1910 fast die Hälfte der Bevölkerung stellten. Batsch war so etwas wie eine zweite Kolonie für die umliegenden schwäbischen Siedlungen. Wenn z. B. die Hodschager ,,ihre Deichseln in Richtung Batsch" stellten, dann wußte man meistens, was los war: Der Hodschager verkaufte noch rechtzeitig sein bißchen Hab und Gut, zahlte seine Schulden und kaufte sich von den Batscher Slawen oder Ungarn billigeren Besitz, baute sich ein Häuschen, und in ein paar Jahrzehnten waren seine Kinder oder Enkel wohlhabende Batscher Bauern.

Bevor wir nun den Aufstieg der Bevölkerung weiter verfolgen, sehen wir in die Chronik des Franziskanerklosters und schauen nach, was in Batsch im Laufe der Zeit geschah. Unser Heimatort gab das Geschichtemachen auf, den Sitz des Komitats übernahm Sombor. Was sollte man da über Batsch noch berichten? Batsch zog sich in sich selbst zurück, deshalb berichten nur noch die Franziskaner, von denen sich immer einer fand, der die Ereignisse registrierte, aber nur das vermerkte, was die Bevölkerung betraf. Das ist auch genug, denn es war Pest, Hagel, Überschwemmung und Heuschreckenplage.

Die erste Beschreibung einer Pest in Batsch, die schreckliche Plage früherer Jahrhunderte, stammt aus den Jahren 1738-1741. Sie lautet genau so wie alle Pestberichte aus den übrigen Ländern Europas: Menschen flüchten aus den Siedlungen in Fluren und Wälder, einer fürchtet den anderen, die eigenen Leute meiden einander, jeder sorgt nur um die eigene Haut, die einzigen Pfleger in der Siedlung sind die Franziskaner.

1753 war ein starker Hagel, der die Ernte völlig vernichtete, vom Weizen blieb nicht einmal das Stroh übrig. Vom Hagel wurden wir in manchen Jahren heimgesucht. Kein Schießen, kein Läuten half, nichts vermochte die unheilschwangeren Wolken zu vertreiben. 1770 war das Jahr der großen Überschwemmung. Manche unter uns Lebenden aus Batsch werden die Überschwemmung aus dem Jahre 1926 noch lebhaft in Erinnerung haben. Die Donau überschwemmte die ganze untere Batschka. Der schützende Damm stand damals noch nicht, viele von uns standen auf den bloß notdürftig aufgeworfenen Dämmen von Bogojevo bis Batsch.                  Batscher "Erxellen" laden zur Hochzeit ein.                                                                                                             
Die kleinen Dämme um die einzelnen Dörfer waren nicht imstande, die mächtigen Fluten zurückzuhalten. Motorboote fuhren auf unseren Straßen von Batsch in die umliegenden Ortschaften an der Donau, nach Bukin und Novoseb, der Trepplatz (Guwno, d. h. der einstige Tretplatz oder Dreschplatz, auf dem in früheren Zeiten der Weizen durch das Treten der Pferde, die um einen Pfahl liefen, gedroschen wurde) war völlig überschwemmt, die meisten Häuser stürzten ein, nur ganz geringe Teile unseres Hotters blieben trocken, das Wasser rauschte Tag und Nacht und schleppte Wiegen und Dächer, Weizengarben und Tier-kadaver an Batsch vorbei. Die Bevölkerung wehrte sich verzweifelt, wurde selbst mitteh in der Nacht aus den Betten zu den Arbeiten an den Dämmen herangezogen, und wo das Wasser die Höhe unserer Häuser mitten im Dorf nicht erreichte, dort schlich es unterirdisch durch Kellertür und Kellerluken in unsere Höfe und Häuser.

Wie war es im Jahre 1770? Der Chronist aus dem Kloster berichtet, daß die Überschwemmung ebenfalls im Sommer ins Land flutete und die ganze Ernte vernichtete, von Apatin bis Bukin - im alten Überschwemmungsgebiet; Weingärten erstickten, Bäume verdorrten, Schiffe und Boote aus den Nachbarorten legten an der Mauer des Franziskanerklosters an, die schönsten Fische konnte man ums Kloster herum mit der Hand fangen. Die Gruft der Franziskanerkirche stand völlig unter Wasser, die Särge schwammen umher, der Boden der Kirche weichte auf und sank ein, die Altäre senkten sich, die Einsturzgefahr bedrohte die Kirche, welche den Türken zu trotzen gewagt hatte. Da war es also noch schlimmer als im Jahre 1926.

Zwölf Jahre nach der Überschwemmung, 1782, gab es in Batsch die Heuschreckenplage. Die Allesfresser kamen mitten im August, zwei Tage nach dem Großfrauentag, der schokatzischen Kirchweihe. Vom Süden her erhob sich gegen elf Uhr vormittags eine düstere Wolke wie vor einem drohenden Gewitter. Die Wolke ließ sich plötzlich in der Tschajera, d. i. die Klosterwiese, bis zur Erde herab und entpuppte sich als ein riesiger Heuschreckenschwarm, der bis sieben Uhr abends alles ratzekahl abgraste. Das ging alles so schnell, daß niemandem der Gedanke kam, die gierigen Fresser zu vertreiben. (Da waren die Hodschager doch rascher: als ihr Kirchturm von einem Gelsenschwarm verdunkelt wurde, alarmierten sie die Feuerwehr.) In den nächsten Tagen jagten noch zwei Heuschreckenschwärme daher, am 19. August wurde ein vierter aus Sombor gemeldet. Das war nun doch zu viel! Die Batscher griffen endlich zur Abwehr - wie gegen die Türken -mit Kanonen, dann mit allen Kirchenglochen und zuletzt mit allem, was irgendwie Lärm machen konnte. Die größte Hetz dabei hatten wahrscheinlich die Kinder. Und doch hatten in jenem Jahr die Kinder in Batsch nicht die größte Hetz', sondern die Erwachsenen: In jenem Jahr gab es nämlich in Batsch eine Rekordernte und eine Weinlese wie noch nie zuvor!

Wir blättern weiter in der Chronik und erfahren das Auf und Nieder im Geschick einer Ortschaft, wir hören von harten Wintern (1789 und 1798), in denen Soldaten auf der Wacht und Kranke in Krankenhäusern erfroren, wir lesen von überreichen Ernten (1796-1798), von Überschwemmungen und Dauerregen, von Fluch und Segen, Heil und Unheil, das Menschen gleichermaßen zu tragen hatten.

Nach diesem Blick in das Schicksals-geschehen unseres Heimatortes kehren wir wieder zur Entwicklung der Bevölkerung zurück. So zwischen 1800 und 1850 tat sich allerhand in der Batschka: neue Nationalitäten siedelten sich an, nach den Deutschen die Slowaken und Ruthenen, dann Ungarn aus dem Mutterland, Serben ebenso; die beiden Komitate Batsch und Bodrog wurden 1802 endgültig zusammengelegt, die Revolution von 1848 hinterließ hier ebenfalls ihre Spuren wie in der ganzen k. u. k. Monarchie Österreich-
Ungarn, von 1849 bis 1873 wurde die
Fünf schwäbische Mädchen in vereinfachter Tracht mit einem schokatzischen Mädchen in der schönen, bunten Nationaltracht  

 Batschka sogar direkt dem Wiener Hof unterstellt, um die Jahrhundertwende verstärkte sich die Magyarisierung auf allen Gebieten, 1904 wurden alle slawischen und türkischen Ortsnamen ins Ungarische umbenannt. Der erste Weltkrieg hatte den Zusammenbruch der Monarchie zur Folge. Wir kamen zu Jugoslawien.

Es näherte sich von Jahr zu Jahr das Schicksalsereignis des zweiten Weltkrieges, welches uns Schwaben aus dem Heimatort vertrieb. Und wenn wir jetzt, so zerstreut in aller Welt, von Ungarn und Jugoslawien bis über Amerika zum Stillen Ozean, die ganze Geschichte überblicken, kommt uns nicht alles wie ein Traum vor? Ein Traum, in dem wir Schwaben immer wieder aufgescheueht werden, um bald hier, bald dort neu zu kultivieren, neu aufzubauen - immer neu zu beginnen.........

Ein typisch schwäbischer Bauernhof

Bauer und Bäuerin beim Holzsägen

 

 

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